Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Neue Wege des Franchising

Dieser Artikel beschreibt drei besondere und relativ junge Formen des Franchising, die in die zweite (erweiterten) Auflage des Buches Fairplay Franchising neu aufgenommen wurden.

Green Franchising

Unter Green Franchising wird ein ökologisch nachhaltiges und faires Franchising verstanden. Aufgrund des gestiegenen Bewusstseins für Nachhaltigkeit, Ökologie und Fairness wird „green“ auch immer mehr zum Thema im Franchising. Im Green Franchising sollen ausgewogene und nachhaltige Lösungen in den Bereichen Ökonomie und Ökologie sowie im Sozialen gefunden werden. „Green Franchising denkt an morgen“, so eine Aussage meiner Beraterkollegin Veronika Bellone aus der Schweiz. Neben dem ethischen Aspekt spielt die Aussicht auf eine stärkere Marktposition anhand Green Franchising eine wesentliche Rolle.

Green Franchising versteht aber auch die Nachhaltigkeit des Franchise-Systems an sich als einen der wesentlichen Erfolgsfaktoren. Die Bindungskraft und die Bindungsdauer von Franchise-Partnerschaften hängen einerseits von der Qualität des Konzeptes, andererseits wesentlich von der Qualität der Beziehungen ab.

Social Franchising

Unter Social Franchising wird eine Organisationsform verstanden, die der modernen  Vertriebsmethode Franchising entlehnt ist. Im Social Franchising nutzen soziale Organisationen das bewährte Modell zur Multiplikation von Geschäftsideen und erprobten Betriebstypen und Konzepten. Social Franchising dient dem Gemeinwohl.

Social Franchising ermöglicht Non-Profit-Organisationen mehr Effizienz, da damit sowohl Ressourcen als auch Know-how besser genützt werden können. Non-Profit-Organisationen können so über die Erstprojektphase hinauswachsen und in Netzwerken expandieren. Franchising bietet viele Vorteile gegenüber anderen Replizierungsmethoden und die UNESCO empfiehlt Franchising sogar als Organisationsform für Non-Profit-Projekte.

Die Unterschiede zum kommerziellen Franchising sind zunächst die Zielsetzungen der beteiligten Partner, nämlich Gemeinnutzen anstatt Gewinnmaximierung, unterschiedliche Zielgruppen der „Nutznießer“, der Förderer des Sozialprojektes als dritter Akteur, keine Übertragung des Investitionsrisikos auf den Franchise-Nehmer sowie eine spezielle Gestaltung der Franchise-Gebühren.

In der Entwicklung von Social Franchise-Systemen ist jedoch immer wieder darauf zu achten, dass die Erfolgsfaktoren des kommerziellen Franchising konsequent auf das Modell umgelegt werden. Die Qualitätssicherung garantiert Professionalität in allen Sozialprojekten, die in das Franchise-System eingebunden sind. Die Qualität der Leistungen wird somit messbar und überprüfbar. Gerade in Sozialprojekten ist dies oft ein wesentlicher Faktor für das Weiterbestehen des Projektes.
 

In der Literatur (1) finden sich drei Formen des Social Franchising:

1.
Ein kommerziell organisiertes Franchise-System, um einen gesellschaftlichen Fortschritt zu erzielen; der einzige Unterschied zum kommerziellen Franchising ist hierbei, dass der Schwerpunkt auf dem sozialen Nutzen liegt und nicht so sehr auf dem Streben nach Gewinn für Privatpersonen.

2. Ein subventioniertes Franchise-System, um  Waren und Dienstleistungen  kostengünstiger als bei kommerziellen Lösungen anbieten zu können. Franchise- Nehmer können hier auch gewinnorientierte Unternehmer sein.

3. Ein Non-Profit-Replizierungssystem, welches die Kernelemente des Franchising  aufweist, nicht jedoch die gewinnorientierten Elemente, wie die klassische  Gebührenstruktur.

Social Franchising steckt in Europa noch in den Kinderschuhen und explizit als Social Franchising gekennzeichnete Projekte sind eher noch die Ausnahme. Social Franchising könnte unter anderem in sozialen Projekten wie der Ausländerintegration, der Gesundheitsprävention, der Jugendarbeit und der Bekämpfung der Wasser- und Abfallproblematik in Großstädten zum Einsatz kommen.

Ebenfalls ist in der zitierten Studie nachzulesen, dass das stärkste Argument für die Etablierung eines Social Franchise-Systems, die Möglichkeit ist, rasch eine große Anzahl an Outlets zum Verkauf der Produkte bzw. zur Erbringung der Dienstleistungen zu erreichen. Aber Vorsicht, der Aufbau eines Franchise-Systems kostet Geld und ist komplex. Die Kosten der Franchise-Zentrale müssen auf viele Franchise-Nehmer verteilt werden können, sonst wird es sich nie rechnen und langfristig und nachhaltig existieren können. Projekte müssen vor ihrer Implementierung als ein Franchise-System daraufhin überprüft werden, ob diese die Kriterien der Multiplizierbarkeit überhaupt erfüllen und ob es dafür einen Markt gibt.

Ist dies gesichert und werden die in „Fairplay Franchising“ aufgezeigten Spielregeln zum partnerschaftlichen Erfolg in der Etablierung von Social Franchise-Systemen berücksichtigt, kann die notwendige Nachhaltigkeit des Systems erreicht werden.

Damit wird es gelingen, die geforderten Kriterien1, wie nachfolgend dargestellt, zu sichern:

  • Sicherstellung der Finanzierung des Projektes
  • Qualitätssicherung zur Erreichung der Projektziele
  • Akzeptanz des Systems bei allen relevanten Stellen
  • Kontinuierliche Evaluation und Anpassung

Auch in Social Franchise-Systemen ist das Wissen um die Hardfacts aber auch besonders um die Softfacts von enormer Bedeutung für das langfristige Funktionieren des Systems. Die von mir aufgestellten 9 Spielregeln des partnerschaftlichen Erfolges sollen auch in solchen Franchise-Projekten Leitlinien sein. Wie eingangs erwähnt ist Social Franchising noch nicht sehr verbreitet. Jedoch weisen die wenigen Fallbeispiele große Erfolge auf und sollten Mut zur Nachahmung machen.

Microfranchising

Microfranchising ist eine bereits bewährte, jedoch neue Form um der globalen Armut, besonders in der Dritten Welt den Kampf anzusagen. Ein Geschäftsmodell, welches den spezifischen Bedürfnissen kleiner und kleinster Unternehmen (Microunternehmen) in Entwicklungsländern Rechnung trägt. In Kombination mit Microfinanzierungen und Microkrediten kann es Microfranchising gelingen das weltweite Problem der Armut und Arbeitslosigkeit einzudämmen.

Microfranchising kann Entwicklungsprobleme in den Bereichen Gesundheit, Hygiene, Kommunikation und Energieversorgung lösen. Der wesentliche Vorteil liegt in der Rationalisierung und Multiplikation der Konzepte und in der Unterstützung der Franchise-Nehmer in Form von einheitlichen Produkten und Dienstleistungen, Schulung, Marketing und Vorgaben von Qualitätsstandards und dem Einsatz von Instrumenten zur Qualitätssicherung. Die Risikominimierung und laufende Unterstützung des Franchise-Nehmers sind weitere Vorteile im Microfranchising.

Der Unterschied zum herkömmlichen Franchising liegt in den Zielen. Ziele des kommerziellen Franchising sind ein rasches Geschäftswachstum und eine Gewinnoptimierung für alle Beteiligten. Zweck des Microfranchising ist es, Menschen in Entwicklungsländern zu unterstützen, ihr eigenes Unternehmen aufzubauen, um somit kontinuierliches Einkommen sicherzustellen. Microfranchise-Konzepte versetzen Menschen in die Lage, ihre Lebensumstände zu verbessern und für die so wichtige Ausbildung ihrer Kinder sorgen zu können.

In Verbindung mit Microfinanzierungen ist Microfranchising ein leistungsfähiges Entwicklungsinstrument, das das Potential hat, die Armut der Menschen zu lindern. Es werden Kleinstkredite (USD 100 bis USD 3000) an Menschen, die aufgrund Ihrer Armut kein Geld von normalen Banken erhalten, vergeben. Das Konzept der Microfinanzierung verzichtet auf klassische Mittel zur Sicherung der Zahlungsrückläufe. Aktuell werden 98% der Kredite zurückbezahlt.

Experten teilen Microfranchising in 3 Kategorien. Alle 3 Kategorien beinhalten den Begriff „Micro“ und haben soziale Zielsetzungen:

1.
Social Microfranchising:
Die oberste Zielsetzung ist die kostengünstige Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen, erst in zweiter Linie das Schaffen von Arbeitsplätzen. Social Microfranchising braucht laufende Unterstützung um Kostenvorteile an die Bedürftigen tatsächlich weitergeben zu können.

2. Sustainable Microfranchising:
Nachhaltiges Microfranchising soll Gewinne für den Franchise-Geber ermöglichen. Überschüsse der Franchise-Zentrale werden ausschließlich für neue Franchise-Nehmer bzw. für die laufende Unterstützung von bestehenden Franchise-Nehmern verwendet. 3 Säulen: Profit für Franchie-Nehmer, Finanzielle Nachhaltigkeit, Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen zu vernünftigen Preisen.

3. For-Profit Microfranchising:
Gewinnorientiertes Microfranchising soll zusätzlich zur Nachhaltigkeit und den Gewinnen für die Franchise-Nehmer auch Gewinne für den Franchise-Geber und die Investoren erzielen. Dazu braucht es ein höheres Startkapital für schnelleres Wachstum. Die Gewinnorientierung bringt aber – solange das System nicht ausgereift ist – die Gefahr der „Ausbeutung“ der Franchise-Nehmer mit sich.

Hinweise zum Buch:

Fairplay Franchising: Spielregeln für partnerschaftlichen Erfolg
Broschiert, 248 Seiten
Gabler-Verlag, 2. erweiterte Auflage
ISBN: 978-3834918499
Preis: 36,95 Euro

Erhältlich seit dem 14. September 2010 im Deutschen Buchhandel oder online bestellbar: Fairplay Franchising

(1): Quelle: Studie: Social Franchising“, Bundesverband Deutscher Stiftungen, Berlin in Kooperation mit dem Centrum für Franchising und Cooperation, Münster (2008).

12.10.10 ©Copyright Fr. Mag. Martius

Waltraud Martius
SYNCON International Franchise Consultants

Waltraud Martius ist Franchise-Beraterin und Mitbegründerin des Österreichischen Franchise-Verbandes (ÖFV). Außerdem ist sie Mitherausgeberin und Autorin mehrerer Bücher über Franchising.

Erhalten Sie Experten-Knowhow im Newsletter!