Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Das sind die typischen Stolpersteine im Systemaufbau

So vermeiden Sie die typischen Stolpersteine beim Systemaufbau! Welche Schritte müssen getan werden und warum? Ein Kurzleitfaden zum Aufbau eines Franchise-Systems und Fehler die vermieden werden sollten.

Kurzleitfaden zum Aufbau eines Franchise-Systems und Fehler die vermieden werden sollten

Ein Franchise-System ist ein vertikal-kooperatives Vertriebssystem rechtlich selbständiger  Unternehmer auf Basis eines Dauerschuldverhältnisses. Dieses System agiert am Markt einheitlich unter der Marke und dem Namen des Franchise-Gebers. Das Leistungspaket des Franchise-Gebers umfasst die Bereitstellung des Betriebsführungssystems bzw. des Betriebsführungskonzepts und den kontinuierlichen Transfer von Betriebsführungs-Know-how; der Franchise-Nehmer entrichtet als Gegenleistung ein Entgelt und führt seinen Franchise-Nehmer  Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung systemkonform.

Verpflichtungen und Leistungen eines Franchise-Gebers gegenüber einem Franchise-Nehmer

Bevor wir auf den Aufbau eines Franchise-Systems eingehen, hier die Verpflichtungen, die ein Franchise-Geber, als Leistung gegenüber einem Franchise-Nehmer, erbringen muss:

  • Unterhaltung einer Zentrale für die Franchise-Nehmer
  • Unterstützung bei der Standortsuche/Objektauswahl, Aus-/Umbau und Eröffnung
  • Zurverfügungstellung des Franchise-Konzeptes
  • Dokumentation des Know-hows in Form von Handbüchern
  • Unterstützungsleistung bzgl. Organisation, Personal und Marketing
  • Die Registrierung und Eintragung der Wort-, Bild- und Markenerstellung für den Logo-Entwurf
  • Markenanmeldung, entweder als EU-Marke oder als Deutsche Marke mit entsprechenden Kategorien die Franchising erlauben
  • Weiterentwicklung der Marketing-Konzeption
  • Anleitung und Beratung bzgl. Kundenbetreuung und -gewinnung
  • Durchführung von Betriebsvergleichen Einführungsschulung und Training des Franchise-Partners
  • Bereitstellung von Lieferantenverbindungen
  • Beratung bei der Auswahl von Mitarbeitern
  • Laufende Weiterentwicklung des Know-hows
  • ERFA-Tagungen und hierbei laufende Informationen über die Unternehmens- und Systementwicklung, den Wettbewerb und sonstige Marktentwicklungen
  • Zurverfügungstellung einer Internetplattform (Internet, Intranet)
  • Betreuung in Fragen des selbständigen Unternehmertums bzgl.:
    • kaufmännische Fragen
    • Versicherungsfragen
    • Leasing-Verträge
    • Kostenstrukturen
    • Finanzierungsprobleme
    • Investitionen
  • Erstellung eines Franchise-Vertrages: Bezüglich des Franchisevertrages empfehlen wir dem Franchise-Geber, diesen von einem auf Franchising spezialisierten Rechtsanwalt erstellen zu lassen. Arbeiten Sie ausschließlich mit führenden Anwaltskanzleien in Deutschland im Bereich Franchising zusammen und bedenke Sie, dass die Verträge nicht nur alle vertretbaren rechtlichen Regelungen beinhalten sollten, sondern auch verkaufbar gestaltet sein müssen.
  • Ziel sollte es sein, ein Mitglied im DFV e.V. (Deutscher Franchiseverband) zu werden

Nachdem Sie als Franchise-Geber nun aufgrund Ihrer Erfahrungen einen Pilotbetrieb über 6 bis 12 Monate  erfolgreich geführt haben und nachweisen können, dass das Geschäftsmodell  erfolgreich am Markt aufgebaut wurde, sollten sie die „Entwicklungsmaschine“ in Gang setzen.

Der erfolgreiche Systemaufbau – leichter gesagt als getan

Es müssen wesentlich  Unterlagen für das Franchise-System wie z. B. Musterkalkulation für den Franchise-Geberbetrieb, Musterkalkulation für einen Franchise-Nehmerbetrieb, Marktanalysen, Schulungskonzepte, ein Franchise-Vertrag, die Handbücher technischer und kaufmännischer Natur, schlicht weg alle Systemunterlagen erstellt werden. 

Anstatt nun auf die einzelnen Schritte im Detail einzugehen, möchten wir als Praxishinweis lediglich auf das Zusammenspiel von Marktanalyse und Businessplanung eingehen.

Die Erstellung der Marktanalysen mit Marktpotenzialen und einer Wettbewerbsanalyse sollte die folgenden Punkte beinhalten:

  • Allgemeine und relevante Informationen in Bezug auf die makroökonomische Situation und Demographie
  • Recherche in Bezug auf die relevante Branche:
    • Firmen/Mitbewerber im Marktsegment
    • Struktur der Branche
    • Trends des Marktsegments
    • Besonderheiten und Schwierigkeiten des Teilmarktes
    • Kundenverhalten
    • Größe der Zielgruppe
  • Preisgestaltung (B2B, B2C):
    • Online-Preise
    • Einzelhandelspreise
    • Typische Marketing-Aktivitäten innerhalb des Teilmarktes
    • Marktrelevante Regulierungsinstitutionen, Behörden

Erst aus diesen auszugsweise dargestellten Daten können konkrete  Schlüsse auf die überregionalen und die regionalen Marktsegmente des zukünftigen Franchise-Nehmers abgeleitet und in einem Businessplan verarbeitet werden.

So vermeiden Sie die typischen Stolpersteine beim Systemaufbau!

Fehlervermeidung: Dieser Aufwand wird entweder gar nicht betrieben oder völlig unterschätzt. Wenn dieser Schritt nicht mit sehr hoher Sorgfalt betrieben wird, ist das System in der Regel nicht auf lange Zeit erfolgreich am Markt tätig. Sollten die Chancen und Risiken nicht erkannt werden und seitens des Franchise-Gebers aufgezeigt beziehungsweise eingedämmt werden oder zu mindestens dem zukünftigen Franchise-Nehmer als Risiko dargelegt werden, lassen sich nur sehr schwer Maßnahmen  erarbeiten, die Lösungen für der Praxis aufzeigen.

Erst die intensive Marktbetrachtung ermöglicht, gemischt aus den Erfahrungen der Pilotbetriebes, die Ableitung realistischer  Umsatzgrößen und die hiermit einhergehenden Gewinnerwartungen. Auch eine faire  Errechnung der Gebühren des Systems, seien es die einmaligen oder die laufenden  Gebühren, lassen sich erst hierdurch berechnen. Diese Informationen werden für die Ausarbeitung der USPs (Unique Selling Proposition) für den Franchise-Vertrag, die Handbücher, die Partnergewinnung und die Businessplanung der zukünftigen Franchise-Nehmer benötigt.

Fehlervermeidung: Zu hohe oder zu niedrige Gebühren haben Einfluss auf das Wachstum des Systems. Der Erfolg der Franchise-Nehmer sollte aus Sicht des Franchise-Gebers im Vordergrund stehen, ein schnell wachsendes  System lässt sich aus Sicht möglicher zukünftiger Franchise-Nehmer – unter anderem am Jahreswachstum der Franchise-Nehmer Anzahl messen.

Zu niedrige  Gebühren führen seitens des Franchise-Gebers zu einer geringeren  Investition für die Franchise-Nehmersuche. Zu hohe  Gebühren  schrecken zukünftige Franchise-Nehmer ab, dem System beizutreten.

Des Weiteren sind die Pflichten und der Aufwand einer Systemzentrale genau zu untersuchen und entsprechend abzubilden.

Es muss geklärt werden, wie die deutsche Systemzentrale organisiert werden soll. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Den Aufbau einer eigenen Systemzentrale durch Gründung einer neuen Gesellschaft (GmbH oder GmbH & Co. KG) oder die wirtschaftliche und rechtliche Abtrennung eines bestehenden Unternehmensteils.
  • Die zeitliche Ausgliederung der Verwaltung an ein als Bürodienstleister tätiges Unternehmen, welches Ihnen viele Aufgaben einer Franchise-Systemzentrale abnimmt (Fremdeinrichtung der Systemzentrale im Wachstumsprozess).
  • Diese Gesellschaft dient zukünftig ausschließlich als Franchise-Systemzentrale, welche die Franchise-Verträge mit zukünftigen Franchise-Nehmern abschließen wird.

Suche und Gründung/Konvertierung neuer Partner

Nachdem die Vorarbeiten abgeschlossen sind, geht es nun um die Suche der Franchise-Partner. Um Streuverluste zu vermeiden, muss ein exaktes  Suchprofil für einen idealen  Franchise-Nehmer für das Franchise-System erstellt werden. Hieran anschließend sollte ein konkreter  Medienplan für die Suche von Franchise-Nehmern erstellt werden. Dieser Plan stellt die Medien dar, die zur Suche eingesetzt werden und die Kosten, die dadurch entstehen können.

Franchise-Nehmersuche, hier verweisen wir auf den Praxisleitpfaden des Deutschen Franchiseverbandes e.V. „Der erfolgreiche Rekrutierungsprozess“ aus diesem Jahr.

Fehlervermeidung: Viele gerade beginnende  Franchise-Geber agieren nach dem Motto „Was kommt, das nehmen wir.“ Auch hier zeigt uns die Praxis, dass mit einem exakten  Suchprofil im Nachhinein eine Menge  Geld und Ärger hätte vermeiden werden können.

Fazit

Eine Garantie für die Vermeidung von Fehlern und somit den ausschließlichen  Erfolg mit obigen Ansätzen können wir sicherlich nicht darstellen, aber wenn der Systemaufbau mit Franchising nicht genau das risikoreiche  Abenteuer wäre, das es ist, mit der realen Chance eines „Total Fails“, dann wäre die erwähnte magische Anziehungskraft des Themas wohl auch nicht vorhanden.

Die Kosten für solche Beratungsleistungen wie für die Erhebung oder den Aufbau bzw. die Erstellung all obiger Dokumente werden oft gescheut, ist aber nahezu nicht anders möglich. Meist fehlt es den zukünftigen  Franchise-Gebern auch an unternehmerischer  Erfahrung auf den unterschiedlichen  Sachgebieten. Dabei sind die Kosten für eine solche Beratungsleistung bzw. Sekundär-Erhebung in der Regel überschaubarer, als im Vergleich zu den kostspieligen  Fehlversuchen des Systemaufbaus. Zu verlockend scheint jedoch die Möglichkeit zu sein, mit nur wenig Aufwand, Interessenten als zukünftige Franchise-Nehmer zu begeistern und zu überzeugen, ohne dass der Franchise-Geber alle erforderlichen  Maßnahmen ergriffen hat, damit alles getan wurde, dass das System selbst und damit die zukünftigen Franchise-Nehmer erfolgreich werden können. Verkauft ist eine Lizenz unter Umständen allerdings schnell, sie aufzubauen und zu erhalten benötigt volle Aufmerksamkeit und Ressourcen.

Auch aus diesem Grund ist ein bewusst entschiedenes Vorgehen von Vorteil. Es ist wie mit vielen Dingen im Leben: Nur wenn man sich für ein Ziel entscheidet und sich darauf konzentriert, kann es gelingen. Ein nachhaltiger  Ansatz bringt dabei langfristig die besten Ergebnisse ein und dies spiegelt sich letzten Endes auch in der Frage wider, in welchem Verhältnis Eintrittsgebühren zu regelmäßigen  Gebühren stehen. Wer an den langfristigen  Erfolg glaubt, der kann auf die Belohnung der Arbeit warten.

Lassen Sie sich als Franchise-Geber  Zeit mit der Entscheidung, den Schritt als Systemgeber zu wagen. Treffen Sie eine informierte und nachhaltige  Entscheidung und hinterlegen Sie diese mit Ihren eigenen Ressourcen, sonst gehen Ihre zukünftigen Franchise-Nehmer eventuell irgendwann auf die Barrikaden. Alle Maßnahmen die Sie ergreifen, kosten  Geld, Zeit und menschliche  Ressourcen, um entsprechende  Strukturen neu aufzubauen oder umzubauen, so dass ein Zustand erreicht wird, den man mit genügend  Weitsicht erreichen konnte.

Expertenstimme von Jörg T. Eckhold

Jörg T. Eckhold
Eckhold Consultants GmbH

Jörg T. Eckhold wirkte mit im Fachverband Gründung, Entwicklung und Nachfolge des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. Weiterhin war er Vorstandsmitglied bei der „Run"-Initiative der Hochschule Niederrhein und derzeit ist er Mitglied im VDI-Ausschuss „Eigenkapitalfinanzierung".

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