Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Hard- oder Soft-Franchising als optimale Variante

Hubertus Boehm: Guten Morgen,
liebe Teilnehmer, welch ein strahlender Tag heute. Ich hoffe, Sie strahlen
ebenso, und erwarte Ihre Fragen. Ihr Hubertus Boehm

Leser: Sehr geehrter Herr Dr. Boehm: Würden
Sie uns kurz erläutern, was unter Hard Franchising bzw. Soft Franchising zu
verstehen ist?

Hubertus Boehm: Die Urform des
Franchising ist das sogenannte “Business Formate Franchising” – entstanden nach
dem Zweiten Weltkrieg in den USA. In dieser klassischen Form gewährt der
Franchise-Geber (FG) dem Franchise-Nehmer (FN) das Recht, ein bewährtes und
nachhaltig erfolgreiches Geschäftskonzept unter der für den FG geschützten Marke
umzusetzen. Diese Lizenz wird allgemein als “die Franchise” bezeichnet. Über das
Nutzungsrecht hinaus unterstützt der FG den FN umfassend, und zwar nicht nur
beim Betriebsaufbau und der Markteinführung, sondern über die gesamte Laufzeit
des Vertrags – in der Regel mindestens zehn Jahre. Die Dienstleistungen des FG
(das “Franchise-Paket”) beziehen sich insbesondere auf Wissensvermittlung,
Marketing und Verkaufsförderung, Logistik, administrative Services sowie
System-Controlling. Obwohl der FN nach dem Vertrag das Risiko allein trägt, hat
der FG de facto eine Mitverantwortung für den Erfolg des FN – allein zum Schutz
der Marke. Im Gegensatz zu dieser intensiven und umfassenden Kooperation des
“Hard-Franchising” beschränkt sich das “Soft-Franchising” weitgehend auf die
Gewährung der Nutzungsrechte für die Marke und das Geschäftskonzept, ergänzt
durch Schulung. Darüber hinaus bietet der FG teilweise einzelne Dienstleistungen
gegen gesonderte Vergütung an; Monitoring, kurzfristige Erfolgsrechnung und
Betriebsvergleiche (Benchmarking) entfallen. Deshalb kann der FG auch keine
Mitverantwortung übernehmen und seine Marke somit auch nur begrenzt schützen.

Leser: Guten Morgen Herr Dr. Boehm. Gibt es
wissenschaftliche Untersuchungen darüber, welche Variante des Franchising den
Partnern größere Erfolgschancen bzw. Überlebenschancen im Markt bietet?

Hubertus Boehm: Wissenschaftliche
Untersuchungen sind mir nicht bekannt. Aber nach der Logik müsste das
“Hardcore-Franchising” dem FN größere Erfolgschancen und insbesondere mehr
Sicherheit bieten. Durch die arbeitsteiligen Prozesse des Dienstleistungspakets
werden wesentliche Funktionen des FN professionalisiert und somit effizienter.
Zugleich wird er in Hilfsfunktionen von Ballast befreit – kann sich also mit
“freiem Rücken” auf seine Kunden konzentrieren. Durch das Monitoring
erfolgsentscheidender Kennzahlen verfolgt die System-Zentrale zeitnah die
wirtschaftliche Entwicklung. Sobald im Betriebsvergleich ein FN “abrutscht”,
schickt der FG die “Feuerwehr” und entwickelt nach einer Schwachstellenanalyse
gemeinsam mit dem FN ein Optimierungskonzept.

Leser: Wie unterscheidet sich ein Lizenzsystem
von der erwähnten Soft-Franchising-Variante?

Hubertus Boehm: Aus meiner Sicht
gibt es keinen Unterschied.

Leser: Guten Morgen Herr Doktor Boehm. Wann
ist welche Franchise-Variante für eine Existenzgründung oder den Aufbau eines
zweiten Standbeins geeigneter?

Hubertus Boehm: Das beim
“Soft-Franchising” höhere Risiko ist sicherlich beim Aufbau eines “zweiten
Beins” eher vertretbar als bei der Existenzgründung. In der Regel gründet man im
Leben nur ein einziges Mal, weil der typische FN bei der Gründung ja sein
gesamtes Vermögen einsetzt und sich darüber hinaus gewöhnlich hoch verschuldet.
Hierin liegt das größte Risiko. Wenn er mit dieser (ersten) Existenz scheitert,
ist er in den meisten Fällen lebenslang ruiniert. Daher ist gerade für Gründer
das System-Controlling im “Hard-Franchising” als “Sicherungsschirm” so
wertvoll.

Leser: Erfordert Hard-Franchising von beiden
Seiten ein höheres Maß an Disziplin und Professionalität?

Hubertus Boehm: Ja, das mag
grundsätzlich so sein. Aber auch im “Soft-Franchising” sollte der FG in seinen
(begrenzten) Dienstlistungen professionell arbeiten – insbesondere hinsichtlich
Website, PR, überregionale Werbung, Werbemittel und -hilfen sowie Schulung.

Leser: Wie wirkt sich die Wahl des
Franchise-Typus auf die Zufriedenheit der beteiligten Franchisenehmer aus?
Berücksichtigen die Partner der Soft-Version bei ihren Anforderungen an die
Systemzentrale, dass sie in der Regel geringere Gebühren entrichten?

Hubertus Boehm: Im
“Soft-Franchising” erhält der FN vom FG weniger und zahlt logischerweise auch
weniger. Sein persönlicher Entfaltungsspielraum ist dagegen größer. Ob das seine
Zufriedenheit erhöht, ist nicht zu sagen und abhängig von seiner Persönlichkeit.
Weil er wie ein “Einzelkämpfer” letztlich alles selbst erledigen muss, arbeitet
er (theoretisch) weniger effizient. In jedem Fall trägt er ein höheres Risiko.

Leser: Hängt die Entscheidung, welche Art des
Franchising im Einzelfall besser passt zum Teil auch von der Mentalität und dem
Charakter des jeweiligen Interessenten ab?

Hubertus Boehm: Aus Sicht des FN
ja! Ein Interessent mit ausgeprägtem Freiheitsdrang sollte eher ein
Soft-Franchise-System wählen. Sonst wird er möglicherweise unglücklich.
Letztlich beeinflusst das Franchise-Konzept einen wesentlichen Teil seines
Lebens. Aus der Sicht des FG ist die Frage nur schwer zu beantworten. Jeder FG
hat konkrete Vorstellungen von seiner Zielgruppe. Er erstellt ein detailliertes
Persönlichkeitsprofil seines typischen FN. Dabei hängt es weitgehend von der
Materie ab, ob “Soft-Franchising” möglich oder “Hard-Franchising” nötig ist. Ein
weiterer wesentlicher Aspekt ist der Markenschutz. Wenn der FG eine renommierte
und “große” Marke hat oder anstrebt, kann er seinen FN nicht weitgehend
unkontrolliert “an der langen Leine” laufen lassen. Das Risiko eines
Goodwill-Schadens für die Marke durch konzeptionswidriges Verhalten oder sogar
Insolvenz von FN ist zu groß.

Leser: Kann man sagen, dass Soft Franchising
für die Systempartner zum einen mehr Eigenverantwortung, zum anderen aber auch
mehr Mitwirkung und gestalterischen Freiraum bedeutet? Wenn dem so wäre, würde
ich mich als Franchisenehmer dagegen wehren, dass die Zügel schrittweise
angezogen werden.

Hubertus Boehm: Im
“Soft-Franchising” hat der FN in seinem Betrieb mehr Verantwortung, weil der FG
aufgrund fehlender Daten und Informationen keine Mitverantwortung übernehmen
kann. Hinsichtlich der Mitwirkung an der Gestaltung des Franchise-Systems
besteht aus meiner Sicht kein Unterschied zwischen “Hard-” und
“Soft-Franchising”. In beiden Varianten tragen natürlich die ersten
Franchise-Nehmer durch ihre “Pilotenrolle” zur Gestaltung des Konzepts bei.
Außerdem ist die Abhängigkeit des FG von diesen wenigen ersten FN natürlich
größer als später. Dass generell ein System aber nur bei konsequenter Umsetzung
des Konzepts langfristig erfolgreich sein kann, gilt aber trotzdem auch für die
“Pioniere”. An Gruppendisziplin führt kein Weg vorbei.

Leser: Lässt sich das mit dem Aufbau eines
Franchisesystems verbundene finanzielle Risiko dadurch verringern, dass man ein
abgespecktes Franchisekonzept als Zwischenlösung anstrebt? Welche Risiken birgt
anschließend die Umstellung?

Hubertus Boehm: Damit sprechen Sie
ein grundlegendes Problem der Franchise-Wirtschaft an: Die meisten FG kommen aus
dem Mittelstand und sind nicht bereit oder in der Lage, die für eine
professionelle Systementwicklung notwendigen Investitionen vorzunehmen. Der FG
ist das Vorbild im System. Für diese Rolle sind erhebliche finanzielle
Vorleistungen erforderlich. Andernfalls kann er ja auch nicht den Anspruch auf
Eintrittsgebühren und laufende Gebühren erheben. Daher kann man nicht mit “ein
bisschen Franchising” beginnen. Jeder angehende FG trifft eine
Grundsatzentscheidung für Jahrzehnte mit großer wirtschaftlicher Tragweite für
sich selbst und seine späteren FN. Diese Entscheidung muss er sorgfältig
absichern. Wenn sie positiv ausfällt, führt in seriösem Franchising kein Weg an
einer professionellen und umfassenden System-Entwicklung vorbei. Wenn unter
strategischen Aspekten “Hard-Franchising” vorteilhaft oder notwendig ist, sollte
man nicht aus finanziellen Gründen “soft” beginnen. Damit würde das Projekt von
Anfang an gefährdet. Dies gilt nicht nur in Hinblick auf die Qualitätssicherung
und den Markenschutz, sondern auch für das “Partnerschaftsklima”. Ein späterer
Wechsel von “weich” auf “hart” ist mit Sicherheit mit erheblichen Irritationen
und Widerständen verbunden. In Ausnahmefällen könnte man sich eher den
umgekehrten Weg vorstellen: “flügge” gewordene FN werden “in die Freiheit
entlassen”.

Leser: Kann man von einem weltweiten Trend in
Richtung Hard oder Soft Franchising sprechen? Wo geht nach Ihrer Kenntnis die
Reise hin?

Hubertus Boehm: Einen Trend kann
ich nicht erkennen – allerdings habe ich keinen globalen Überblick. Ich gehe
aber davon aus, dass sich beide Formen strategiebedingt parallel entwickeln
werden.

Leser: Rechnen Sie in der näheren Zukunft mit
neuen Kooperationsformen, die dem Franchising Konkurrenz machen könnten?

Hubertus Boehm: Nein, kann ich mir
nicht vorstellen.

Leser: Wie prüfe ich als Franchisegeber die
Kooperationsfähigkeit eines Kandidaten? Nach meiner Erfahrung scheitern daran
viele Neugründungen.

Hubertus Boehm: Generell ist eine
strenge Selektion der Bewerber unerlässlich. Letztlich gehen FG und FN eine Art
“Ehe” ein – in der Regel für mindestens zehn Jahre. Wenn sich in dieser Zeit
herausstellt, dass irgendetwas nicht “passt”, haben beide ein Problem, denn der
Vertrag ist auf Zeit abgeschlossen und zwischenzeitlich nicht kündbar. Außerdem
hat ja der FN in das Konzept des FG investiert. Die Kooperationsfähigkeit ist in
der Tat ein wesentlicher Aspekt – insbesondere beim “Hard-Franchising”. Prüfen
kann man sie sicherlich nicht im Gespräch, sondern nur in der Praxis. Deshalb
besteht z.B. das Auswahlverfahren bei McDonald’s in einem mehrmonatigen
Trainee-Programm. Erst nach eingehenden praktischen Erfahrungen entscheidet das
Unternehmen über die Annahme der Bewerbung. Dass abgelehnte Bewerber Know-how
mitnehmen, nimmt man bewusst in Kauf. Es ist das kleinere Übel verglichen mit
dem Problem, das man später mit einem ungeeigneten FN hat.

Leser: Hallo Herr Dr. Boehm: Welche der
genannten Kooperationsformen liegt Tankstellen und Autohändlern zugrunde? Wissen
Sie zufällig, wo man sich dafür bewerben kann und welche Kenntnisse man
mitbringen muss ?

Hubertus Boehm: Sowohl bei
Tankstellen als auch im Autohandel ist Hardcore-Franchising üblich, und zwar in
sehr konsequenter Form. FG sind hier Konzerne, für die aufgrund der straffen
Struktur der Freiheitsgrad des “Soft-Franchising” ausscheidet. Für eine
Bewerbung wenden Sie sich an die Vertriebsleitung der entsprechenden
KFZ-Hersteller oder Mineralölgesellschaften. Die erforderlichen Kenntnisse
erfahren Sie dort. Bei Tankstellen gibt es ein konzernunabhängiges
Franchise-System: AVIA – hervorgegangen aus einer Genossenschaft.

Leser: Woran liegt es, dass die
Internationalisierung des Franchising weitgehend ausgeblieben ist? Wo bleiben
die ausländischen Franchisesysteme, die den Dienstleistungssektor umwälzen
sollten?

Hubertus Boehm: Internationalisierung findet statt, und zwar in beträchtlichem Umfang.
Diese Entwicklung geht weitgehend von den klassischen und starken amerikanischen
Franchise-Systemen aus. McDonald’s ist in über 120 Ländern der Erde vertreten,
andere Fast-Food-Ketten expandieren ebenfalls global. Autovermietung,
Paketdienste und Hotelketten beispielsweise operieren weltweit, Maklerketten
breiten sich international aus (z.B. RE/MAX). Auch in Deutschland sind
ausländische Franchise-Systeme in vielen Branchen zu finden. Dies gilt nicht nur
für die zahlreichen Fast-Food-Ketten, Modelabels, Parfümerien oder Hotels,
sondern auch für weniger spektakuläre Konzepte wie z.B. Pirtek
(Hydraulikservice), Rainbow (Bautrocknung), Colorworks (Lackschäden) oder
Stagecoach (Theaterschule). Die Internationalisierung deutscher
Franchise-Systeme steckt dagegen noch in den Kinderschuhen. Einige deutsche FG
sind bereits recht erfolgreich (z.B. PORTAS in 14 Ländern). Der weitaus
überwiegende Teil konzentriert sich aber darauf, zunächst einmal den heimischen
Markt abzudecken. Wenn man bedenkt, dass drei Viertel der deutschen FG weniger
als 20 FN haben, wird deutlich, welches Potenzial zunächst im Heimatmarkt noch
auszuschöpfen ist.

Leser: Würden Sie Subway, das weltweit größte
Franchisesystem, als „Soft-Franching“ bezeichnen? Die offenbar unzureichenden
Unterstützungsleistungen der Systemzentrale und die Fluktuation der
Franchise-Partner könnten diesen Schluss zulassen.

Hubertus Boehm: Obwohl es offenbar
Probleme bezüglich der Unterstützung durch die System-Zentrale gibt, ist SUBWAY
ein klassisches Business Formate Franchise-System und somit eine “harte”
Variante.

Leser: Stimmen Sie jenen Experten zu, welche
einer künftig sprunghaft ansteigenden Kooperationsfähigkeit des Menschen das
Potenzial zurechnen, einen neuen Kondratjew-Zyklus auszulösen? Sehen Sie
irgendwelche Ansätze für solch „revolutionäre“ Entwicklungen?

Hubertus Boehm: Ansätze für eine
künftig sprunghaft ansteigende Kooperationsfähigkeit kann ich nicht erkennen.

Hubertus Boehm: Liebe
Teilnehmer, das war wirklich spannend. Ich hoffe, Sie konnten etwas mitnehmen.
Bis zum nächste Mal, Ihr Hubertus Boehm

Dr. Hubertus Boehm
SYNCON Consulting GmbH

Dr. Hubertus Boehm ist seit 1972 auf die Entwicklung von Franchise-Systemen spezialisiert und gehört auf diesem Gebiet zu den Pionieren im deutschsprachigen Raum.

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