Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Wie Gebietsschutz Expansion nicht behindert, sondern beflügelt

Viele Franchisegeber sichern ihren Franchisenehmern vertraglich Gebietsschutz zu. Trotz dieser üblichen Praxis scheinen immer noch viele Missverständnisse mit diesem Thema verbunden zu sein, die den Dialog zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern / Franchise-Interessenten sehr emotional werden.

Viele Franchisegeber sichern ihren Franchisenehmern vertraglich Gebietsschutz zu. Trotz dieser üblichen Praxis scheinen immer noch viele Missverständnisse mit diesem Thema verbunden zu sein, die den Dialog zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern bzw. Franchise-Interessenten sehr emotional werden lassen und nicht selten dazu führen, dass die Gewährung von Gebietsschutz in der Systemzentrale als Expansionshindernis wahrgenommen wird. Das muss aber keineswegs der Fall sein und ich möchte zeigen, wie Gebietsschutz zu einem Motor des Systemwachstums werden kann.

Die Missverständnisse beginnen schon bei der Definition des Begriffs Gebietsschutz. Manchen Franchisenehmern suggeriert der Begriff mehr Sicherheit als der Sachverhalt tatsächlich bieten kann. Denn die Festlegung eines zum Franchisevertrag gehörenden Vertragsgebietes ist ja nichts weiter als eine systeminterne Vereinbarung zwischen dem Franchisegeber und seinen Franchisenehmern, die besagt, dass im Vertragsgebiet eines Franchisenehmers kein anderer Franchisenehmer oder der Franchisegeber selbst einen weiteren Standort eröffnen darf. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Das heißt: Kunden kennen diese Vereinbarung nicht. Sie treffen ihre Entscheidung, wo sie etwas kaufen nach ihren eigenen Vorstellungen. Wettbewerber kennen die Gebietsschutz-Vereinbarung ebenso nicht und sie wäre ihnen auch egal. Selbst die Franchisenehmer-Kollegen im eigenen System lassen sich im Zweifelsfall nur schwer davon abhalten, Geschäft außerhalb ihres Vertragsgebietes und damit innerhalb der Vertragsgebiete Anderer zu machen. Dies ist unternehmerisch vielleicht nicht sehr weitsichtig, aber durch Gebietsschutz nicht wirklich zu verhindern.

Das Vertragsgebiet muss auch nicht mit dem natürlichen Einzugs- und/oder Liefergebiet eines Geschäftsstandorts deckungsgleich sein und dieser muss auch nicht geografisch mittig im Vertragsgebiet liegen. Aber: ein Franchisenehmer sollte innerhalb seines Vertragsgebietes ausreichend Kundenpotential für seinen geschäftlichen Erfolg vorfinden. Der Franchisegeber sollte dieses Potential nachweisen können.

Darum ist Gebietsschutz im Franchise-System sinnvoll

Unterm Strich schützt der Gebietsschutz also nicht vor den täglichen Herausforderungen des unternehmerischen Lebens eines Franchisenehmers und ist keinesfalls Garant für seinen geschäftlichen Erfolg. Dennoch wird der Schutz vor weiteren Standorten des eigenen Systems im eigenen Vertragsgebiet von Franchisenehmern häufig als sicheres Fundament wahrgenommen, auf das sie ihr Geschäft aufbauen können. Das ist eine offenbar tief verankerte Emotion und vergleichbar mit dem Denken “Mein Grundstück”, “Meine Scholle”, “Mein Haus”: Der Eintrag im Grundbuch führt nicht automatisch zum Familienglück, aber für viele fühlt es sich doch erstmal ganz gut an, etwas zu haben, was einem niemand leichtfertig wegnehmen kann.

So verstanden kann ich das Bedürfnis von Franchisenehmern nach dieser Art Gebietsschutz nachvollziehen. Aus ihrer Perspektive bietet er einen sinnvollen Schutz für ihren Geschäftsaufbau und ihrer zugrundeliegenden Investition.

Hingegen betrachten viele Teams in Franchisezentralen das Thema Gebietsschutz nach meiner Einschätzung als notwendiges Übel. Zwar wird Gebietsschutz gewährt, jedoch nicht, weil man das damit verbundene Anliegen des Franchisenehmers wirklich verstehen würde, sondern weil dieser im Rahmen seiner Vertragsverhandlung ihn solange intensiv einfordert bis der Franchisegeber endlich auf seine Forderung eingeht, um den Abschluss des Franchisevertrags insgesamt nicht zu gefährden. In dieser Situation werden oft zu große Vertragsgebiete vereinbart und diese werden dann zu einem späteren Zeitpunkt zu einem echten Expansionshindernis.

Es wäre also für Franchisegeber sehr sinnvoll, das Thema Gebietsschutz vom Gefühl des notwendigen Übels zu befreien und es mit Freude und guter Vorbereitung anzugehen. Der Franchisenehmer spürt es, wenn ein Franchisegeber das Thema Gebietsschutz durchdacht und klare Vorstellungen dazu hat. Unabhängig von der Größe seines eigenen Vertragsgebietes vermittelt ihm eine wichtige Sicherheit für seinen geschäftlichen Erfolg.

…und so hilft der Gebietsschutz bei der Expansion

Wie viele Standorte kann und möchte ich mit meinem Franchisesystem in Deutschland/Österreich/Schweiz etablieren?” – das ist die Kernfrage eines Franchisegebers für seine Expansionsplanung. Diese stellt sich noch vor der Frage ob und wie man Gebietsschutz gewährt.

Expansionsplanung führt zu einer vertieften Beschäftigung mit dem eigenen Geschäftsmodell, Produkten und Dienstleistungen, mit Zielgruppen, Potentialen, Marktentwicklungen, Wettbewerb, Franchisenehmer-Profilen, nach Erfolgsaussichten von Standorten in ländlichen Regionen, kleinen, mittleren und großen Städten, nach der Reihenfolge in welche diese erobert werden sollen und führt zu der Frage, ob man sich ganz bewusst auf die Expansion in bestimmten Gebieten fokussiert (z.B. einem Bundesland) oder sich einfach dadurch leiten lässt, wo man gerade geeignete Partner findet und nicht zuletzt, welche Expansionsgeschwindigkeit man wählt.

Offen oder insgeheim – auch Franchisenehmer/-interessenten stellen diese Fragen. Die Antworten darauf geben ihnen Anhaltspunkte, wohin ihre eigene unternehmerische Reise als Teil des Systems gehen könnte. Wenn Franchisegeber Fragen zur Expansionsplanung kompetent, detailliert und proaktiv beantworten, produzieren sie damit viel Sicherheit – und entschärfen so bereits das Thema Gebietsschutz bevor es überhaupt konfliktiv werden kann.

Ohnehin wird die Definition von Vertragsgebieten ganz einfach, wenn zuvor die Expansionsstrategie detailliert ausgearbeitet wurde. Denn dann weiß man ja, wie viele Standorte geplant sind und kann entweder a) schon im Voraus die zugehörigen Vertragsgebiete definieren oder b) man hält die entsprechenden Parameter zur Definition eines Vertragsgebietes für den Augenblick bereit in dem ein neuer Franchisepartner seinen Franchisevertrag unterzeichnen möchte.

Bei der Vergabe von Gebieten muss ein Franchisegeber diese nicht unbedingt aneinander angrenzen lassen. Lücken, freie Gebiete und sog. Expansionsgebiete für überdurchschnittlich performende Franchisenehmer geben zusammen mit nicht zu großen Vertragsgebieten den notwenigen Spielraum für Franchisegeber, sich nicht bei der Expansion selbst zu behindern.

Für ein zügiges Bearbeiten des Themas Gebietsschutz mit einem Franchise-Interessenten empfiehlt es sich eine Karte bereitzuhalten, in der freie, verkaufte und reservierte Standorte bzw. Gebiete verzeichnet sind. Wir von den FranchiseMachern haben mit dem online-Gebietsmanager dafür ein googlemaps basiertes online-Tool entwickelt, mit dem die Planung und Verwaltung von Vertragsgebieten kinderleicht wird. So lassen sich zum Beispiel Postleitzahlen beliebig zu einem Vertragsgebiet zusammenklicken und dabei hat man u.a. die jeweiligen Einwohnerzahlen stets im Blick.

Eingebunden in die landing page für Franchise-Interessenten kann eine Expansions- und Gebietsplanung sogar mehr leads generieren. Diese fragen sich ja abends vor dem Computer sitzend nicht, wo das gewünschte System schon überall Standorte hat (dies kann jeder schnell über den Filialfinder abfragen), sondern wo noch freie Standorte und Gebiete sind. Werden diese nicht kommuniziert, kommt es häufig dann zu dem grandiosen Missverständnis, dass ein Franchise-Interessent sieht, dass in seiner Wunschstadt bereits ein oder mehrere Standorte vorhanden sind und nun meint, die Stadt sei „voll“. Diese Einschätzung jedoch entspricht vielleicht gar nicht der tatsächlichen Expansionsplanung des Franchisegebers. Er aber kann den Einwand des Franchise-Interessenten gar nicht behandeln, weil dieser – leicht frustriert – gar nicht erst seine Daten ins Kontaktformular einträgt und das betreffende Franchisesystem aus seiner Auswahlliste streicht.

Fazit und Tipps für den nächsten Schritt

Eine detaillierte Expansionsplanung („city-by-city“) sorgt bei allen Beteiligten für Klarheit und Sicherheit. Deshalb ist ihre Ausarbeitung eine dringende Empfehlung für jeden Franchisegeber. Eine Expansionsplanung ist – so banal es sich anhört – Voraussetzung für eine erfolgreiche Expansion. Die Expansionsplanung sollte nicht nur den Expansionsmanagern, sondern auch vielen Kollegen innerhalb des Teams der Franchisezentrale bekannt sein. Entscheidende Eckpunkte der Expansionsplanung sollten auch gegenüber Franchisenehmern und Franchise-Interessenten transparent gemacht werden.

Auf Basis einer guten Expansionsplanung lassen sich leicht Vertragsgebiete definieren, die einem Franchisepartner Schutz vor weiteren Standorten des eigenen Systems gewähren. Dieser Gebietsschutz sorgt für noch mehr Klarheit und Sicherheit im System und erhöht die Wahrscheinlichkeit zügigen Wachstums. Ein Franchisegeber sollte den Wunsch von Franchise-Interessenten nach Gebietsschutz ernst nehmen.

Nicht für alle Franchisesysteme ist es sinnvoll, mit Gebietsschutz zu arbeiten. Insbesondere dort, wo Standorte mehrerer Franchisepartner trotz sehr geringer Entfernung wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben sind, kann ein Gebietsschutz die Expansion übermäßig komplizieren. Aber auch in diesen Fällen bleibt eine Expansionsplanung sehr wichtig (wie viele Standorte in der Innenstadt sind vorgesehen?) und keinesfalls sollte der Gebietsschutz voreilig über Bord geworfen, sondern gefragt werden, wie man ihn doch so konstruieren kann, dass er zu einem Wachstumsmotor wird.

Wenn ein Franchisegeber die Größe eines Vertragsgebietes klar definieren und kartografisch anschaulich darstellen kann, vermeidet er Diskussionen um die Gebietsgröße mit seinen Franchise-Interessenten (Franchise-Interessent: „Ich will aber, dass diese und jene Stadt noch zu meinem Gebiet gehört“. Franchisegeber: „Ich will das aber nicht“).

Für Franchise-Interessenten ist es nicht entscheidend, wo ihr Wunschsystem Standorte hat. Sie möchten wissen, wo noch freie Vertragsgebiete oder freie Standorte sind. Diese Info sollte auf der landing page bzw. der Unterseite für Franchise-Interessenten aufzufinden sein.

Vielleicht hört es sich widersprüchlich oder einfach zu schön an, dass ausgerechnet der bei vielen Franchisegebern ungeliebte Gebietsschutz die Expansion beflügeln kann. Franchisegebern, die zwar Gebietsschutz gewähren, aber selbst nicht so recht zufrieden sind, wie sie damit umgehen, können sich gerne an uns FranchiseMacher für Verbesserungsimpulse wenden. Wir verleihen dem Thema Gebietsschutz Flügel.

Expertenstimme von Eugen Marquard

Eugen  Marquard
Die FranchiseMacher
Gemeinsam mit Jana Jabs bin ich Gründer und Gesellschafter von Die FranchiseMacher: Einer Unternehmensberatung und Dienstleistungsagentur ganz speziell für Franchisegeber und die, die es werden wollen. Wir bieten mehr als 20 Jahre Erfahrung bei Aufbau und Optimierung von Franchisesystemen. Dabei mögen wir den Charme des Anfangs genauso wie den Spirit kontinuierlichen Wachstums und fortwährende Innovation. […]

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