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Trends als Franchise-Perspektiven

Veronika Bellone: Guten Morgen, liebe Chat-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer. Ich freue mich auf Ihre Fragen an diesem wunderbar sonnigen Frühlingstag. Ihre Veronika Bellone

Leser: Grüezi Frau Professor Bellone: Sehen Sie in außereuropäischen Franchise-Märkten irgendwelche Trends, die sich bei uns noch nicht abzeichnen?

Veronika Bellone: Grüezi, lieber Chat-Teilnehmer. Ich sehe vor allem einen Wertewandel, der sich vollzieht und in den USA schon ausgeprägter ist als bei uns. Getrieben von der Vernetzungskultur über Social Media gibt es mehr und mehr Geschäftsmodelle, die das Prinzip des Tauschens, Teilens und Vergleichens anbieten. Hier sind es vor allem Lizenzierungen, die sich auf das Geschäftsmodell als solches beziehen.

Leser: Guten Morgen, liebe Frau Prof. Bellone. Gibt es, wenn man sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ansieht, bestimmte Trends, die den Arbeitsalltag in Franchise-Unternehmen verändern könnten?

Veronika Bellone: Sie könnten nicht nur, sie tun es. Wenn man zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch die gesellschaftlichen und umweltbezogenen Veränderungen generell einbezieht, so gilt es effektiv, seinen Arbeitsalltag zu überdenken. Ich gebe nur ein paar Stichpunkte. Die "Digitalisierung der Welt" hat unser Einkaufsverhalten verändert und unsere soziale Gemeinschaft. Wir können uns von jedem Standort aus mit anderen austauschen, auch vom Arbeitsplatz aus - wir sind ständig "connected". Damit ändert sich auch das Verhalten am Arbeitsplatz - damit auch im Franchise-Betrieb und in der Franchise-Zentrale. Die Transparenz nimmt zu, d.h., dass Schwächen im System schneller aufgedeckt und vor allem verbreitet werden können. Die Folgen unseres Tuns werden also schneller präsent. Deswegen gilt es, noch nachhaltiger zu denken und zu handeln. Wir haben das unter dem Begriff Greenfranchising zusammengefasst. Nachhaltigkeit auf allen Ebenen - der ökonomischen, sozialen und ökologischen Ebene.

Leser: Liebe Frau Professor: Ich würde mir im Franchising Trends wünschen, wo der der deutschsprachige Raum führend ist. Gibt es die und worauf ist die Vorreiterrolle gegebenenfalls zurückzuführen?

Veronika Bellone: Es ist immer die Frage, von welchen Trends wir sprechen. Geht es um soziokulturelle Trends und Konsum- wie Produkttrends, die in der Regel aus größeren Strömungen resultieren? Die interessanten Franchise-Systeme im Gesundheitsbereich, die sich aufgrund des Megatrends Healthstyle entwickeln konnten, gehören sicher dazu. Sicher finden wir im deutschsprachigen Raum sehr vorbildliche Konzepte, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit/Greenfranchising geht. Ich habe dazu einige Interviews mit bekannten System-Gebern führen dürfen wie z.B. TeeGschwendner, Isotec, Yves Rocher u.v.a. Sie können diese auf unsere Website unter Green Gallery einsehen.

Leser: Schönen guten Morgen! Kommt eigentlich die Netzwerkerfahrung aus dem Franchising Franchise-Gebern beim Social Networking irgendwie zugute?

Veronika Bellone: Leider kann ich es nicht "verallgemeinern". Nicht alle Franchise-Geber/innen nutzen das partnerschaftliche Netzwerk, geschweige denn den Einbezug von Kundenaussagen gleichermaßen. Im Grunde wäre aber die Erfahrung vorteilhaft, um zu sehen, wie man mit Inputs zur möglichen Weiterentwicklung umgeht - und auch mit kritischen Äußerungen.

Leser: Hallo! Ist aus Ihrer Sicht Franchising besonders geeignet, um nachhaltige Prozesse zu realisieren? Oder gibt es aufgrund der Partnerschaften sogar mehr Probleme als in anderen Wirtschaftszweigen?

Veronika Bellone: Ich bin fest davon überzeugt, dass sich nachhaltige Prozesse noch sehr viel intensiver realisieren lassen, weil Partner/innen überzeugt werden müssen. Wenn man den Prozess der Überzeugung angeht, dann ist man als Franchise-Geber/in gezwungen, sich selbst intensiv mit den Prozessen und Auswirkungen auseinanderzusetzen. Es entsteht sehr viel mehr Dynamik mit Partnern und Partnerinnen zu arbeiten, die sich bewusst entscheiden mitzumachen als es als "Zwangsmaßnahme" zu ertragen. Wichtig ist allerdings, dass man als Franchise-Geber/in vorlebt, was man an nachhaltiger Leistung von anderen erwartet.

Leser: Mit welchen Maßnahmen können Franchise-Geber die berufliche Existenz Ihrer Franchise-Nehmer nachhaltig sichern?

Veronika Bellone: Diese Frage wird in Zukunft noch gewichtiger werden. Schaut man sich Szenarien zum Konsum an, dass der "Hyper-Konsum" in unseren westlichen Gesellschaft schwindet und ein bewussterer Konsum stattfindet bzw. vermehrt Möglichkeiten des Tauschens und Teilens von Waren angestrebt werden - dann sind solche Überlegungen überlebenswichtig. Wir sollten vor Augen haben, dass bezogen auf das Partnernetzwerk weniger die Quantität denn die Qualität zählen wird. Welche Verbesserungsmöglichkeiten gibt es im Angebot, die dem Kunden noch mehr Nutzen bringen und wofür er/sie auch bereit ist, mehr zu zahlen. Richten Sie mit Ihren Franchise-Partnern/ -Partnerinnen "Entwicklungs-Workshops" ein. Laden Sie dazu auch vollkommen fremde Personen ein, die ihre Ideen zu Ihrem Leistungsangebot einbringen können und "unbelasteter" sind. Dafür haben Letztere einen möglichen Kundenblick bzw. überhaupt eine andere Offenheit. Wir haben solcherlei Workshops oder "Kreativ-Runden" mit Tipps für die Ausgestaltung auch in unserem "Praxisbuch Franchising" (www.mi-wirtschaftsbuch.de) beschrieben.

Leser: Rechnen Sie aufgrund des Trends zum dezentralen Arbeiten mit direkten oder indirekten Auswirkungen auf die Franchise-Zentrale und die einzelnen Franchisenehmer-Betriebe?

Veronika Bellone: Neben den technologischen Möglichkeiten der mobilen Kommunikation wird auch das Thema Work-Life-Balance Auswirkungen auf den physischen Arbeitsplatz haben. Dort wird mehr Flexibilität und Mobilität gefragt sein. Auch um die Nähe zum Kunden und zu den Partnern und Partnerinnen zu haben.

Leser: Guten Morgen Frau Prof. Bellone: In welche Richtung entwickeln sich die asiatischen Franchise-Märkte? Wo liegen die Schwerpunkte der offenbar rasanten Entwicklung?

Veronika Bellone: Ich sehe, dass im "Zeitraffertempo" Konzepte realisiert werden. Wir erleben unsere Wirtschaftsentwicklung dort im Eiltempo. Jetzt sind es vielfach statusbezogene Franchise-Systeme aus dem Handel (Kleidung, Kosmetik, Luxusartikel allgemein) und der Dienstleistung, die zeigen, dass man dabei ist. Was dabei aber interessant ist, dass viele Konzepte - gerade aus dem Mobilitätsbereich und der Gastronomie - um interessante Punkte wie mehr Effizienz, Nachhaltigkeit etc. angereichert werden. Es besteht also durchaus auch die Tendenz, uns hinsichtlich Dynamik und Optimierung zu überflügeln.

Leser: Welche Erfahrung haben Franchise-Geber nach Ihrem Wissen bisher mit der Partnersuche in Facebook, Google+, LinkedIn, XING etc. gemacht? Was für Investitionen sind erforderlich? Benötigt man dafür spezielle Kenntnisse oder Begabungen?

Veronika Bellone: Noch wenig. Das ist aber nicht nur bei Franchise-Unternehmen der Fall. Zur "Durchleuchtung" möglicher Kandidaten werden diese Plattformen jedoch vielfach genutzt, um mehr über die Person zu erfahren! Die Orientierung von Partner-Kandidaten erfolgt heute jedoch vermehrt über diese Plattformen und das wird zunehmen, da die Generationen ab 1980 die Digital Natives sind. Also solche, die mit dem Internet aufgewachsen sind. Sie investieren vor allem in Zeit, denn Sie müssen sehen, wie Sie sich und Ihre Unternehmung auf Facebook darstellen wollen oder wie Sie Ihren Xing-Eintrag gestalten etc. Sie müssen selbst aktiv dabei sein oder zumindest jemanden dafür abstellen, der die Einträge aktuell hält und den Austausch mit Interessenten und Fans pflegt.

Leser: Meine Bedenken sind ja gerade, dass eine Umsteuerung im Franchising nicht „per order mufti“ möglich ist. Im Unterschied zu Filialsystemen könnten selbstständige Partner eine nachhaltige Ausrichtung der Geschäftstätigkeit blockieren.

Veronika Bellone: Ich möchte dazu etwas aus dem Interview mit Herrn Dr. Thomas Henn von TeeGschwendner einbringen. TeeGschwendner führt u.a. in den Herstellerländern sehr viele soziale Projekte durch, die auf dem Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" beruhen. Wenn Franchise-Partnerinnen solche Orte besucht haben und erleben, wie nachhaltig TeeGschwendner nicht nur in Worten sondern Taten diese Werte lebt, dann brennen sie für das Konzept. Dieser Funke überträgt sich auf die Kunden, wird aber auch systemintern eingebracht. Die Fluktuation im System ist äußerst gering. TeeGschwendner ist kein Einzelfall.

Leser: Was für eine Bedeutung hat das Social Intranet im Franchising? In welchen Bereichen und mit welchen Zielen ist es einsetzbar?

Veronika Bellone: Es hat eine große Bedeutung für das gesamte Partnermarketing und für die Weiterentwicklung des Systems. Damit gemeinsame, systeminterne Plattformen funktionieren, müssen Regeln zum Umgang gestaltet werden, die sich an Ihren Unternehmens-/Markenwerten orientieren. Ein Ziel kann sein, dass man gemeinsam an Produktideen feilt. Es sollte dann geregelt sein, ob die Partner untereinander die Vorschläge bewerten können oder weiterentwickeln dürfen. Gibt es für Neuentwicklungen finanzielle Anreize oder andere wertschätzende Auszeichnungen? Zu Schulungszwecken können Intranets ebenso genutzt werden wie für "Online-Meetings".

Leser: Nach einer mir vorliegenden Studie soll aufgrund der Dezentralisierung der Arbeit die benötigte Bürofläche in den nächsten zwei Jahrzehnten um etwa 30% zurückgehen. Wir fragen uns im Hinblick auf unseren künftigen Flächenbedarf, ob die doch eher schlanken Zentralen im Franchising von dieser Entwicklung betroffen sind.

Veronika Bellone: Dafür würde ich von Ihrer Gesamtplanung ausgehen. Welches Wachstumsziel betreffend Anzahl Partner/innen haben Sie? Wie viele Personen sind in die Betreuung der Partner/innen involviert - wie muss die Zentrale mitwachsen? Welche Leistungen lassen sich dezentral bzw. mobil anbieten? Welche positiven finanziellen Auswirkungen kann die mögliche Reduzierung der Fläche haben und welcher Aufwand wäre mit mobilen bzw. dezentralen Arbeitsplätzen verbunden?

Leser: Wie können soziale Medien zur Bewerbung von Franchise-Systemen eingesetzt werden? Wo lohnen sich solche Aktivitäten - außer natürlich in Facebook?

Veronika Bellone: Wie bereits in einer vorhergehenden Antwort von mir genannt, können Sie oder Partner mit einem eigenen Eintrag in Xing, LinkedIn eigene Erfahrungswerte einbringen. Dies ist dann nicht verkäuferisch, sondern persönlich gestaltet. Selbstverständlich können Sie Werbung schalten, die dann sogar sehr gut nach Kundenprofilen selektiert werden kann. Je nach System-Inhalt ließe sich auch Ihr Webauftritt mit Facebook verbinden, in dem Sie den Anreiz geben, Produkte, Dienstleistungen oder Aktionen darüber weiterzuempfehlen.

Leser: Kann man mit gezielten Marketingmaßnahmen in Social Media die Identifikation der Franchise-Partner und ihrer Mitarbeiter mit dem Franchisesystem fördern? Was empfehlen Sie?

Veronika Bellone: Ich denke, dass alle Marketingmaßnahmen - ob digital oder analog - nur dann zu einer stärkeren Identifikation führen, wenn sie einen echten Nutzen bringen und ehrlich sind. Ehrlich gemeint, ehrlich gelebt. Das wird immer mehr zählen. Gerade habe ich an einem Kongress den Ausspruch gehört: "Wer lügt, der stirbt!"

Leser: Sind die asiatischen Franchise-Systeme bereits konkurrenzfähig? Wann ist mit den ersten asiatischen Franchisegebern in Deutschland zu rechnen?

Veronika Bellone: Im Wellness-Bereich und in der Gastronomie gibt es durchaus schon Bestrebungen. Die kulturellen Unterschiede setzen jedoch noch Schranken. Ich sehe aber schon, dass Spezialitätenkonzepte eine große Chance haben. Zu den Spezialitäten zähle ich dabei nicht nur die o.g. Bereiche, sondern auch Sport- und Trainingskonzepte mit komplementären Ansätzen.

Leser: Könnten Sie freundlicherweise ein paar Beispiele für die von Ihnen erwähnten Geschäftsmodelle mit dem Prinzip des Tauschens, Teilens und Vergleichens nennen? Welche erscheinen Ihnen besonders aussichtsreich?

Veronika Bellone: Es gibt z.B. ein sehr spannendes Konzept namens http://neighborgoods.net/. Eine amerik. Online-Tausch- und Teilenplattform. Auch interessant, wenn es um das (Mit-)Teilen von Ideen und die gemeinsame Kreation geht, ist das amerik. http://www.projectmlab.com/. Interessant bei solchen Konzepten ist auch das Geschäftsmodell, das sich auf andere Branchen/Einsatzmöglichkeiten adaptieren lässt.

Leser: Und wie macht man Nachhaltigkeit zum integralen Bestandteil des Kerngeschäfts?

Veronika Bellone: Indem man auf den drei Ebenen (ökonomisch, sozial und ökologisch)untersucht, wo Nachhaltigkeitsreserven sind. Wo Potenzial besteht? Mit dem Greenfranchising haben wir die ganzheitliche Systemsicht vor Augen, das heißt wie harmonieren auch Eigen- und Fremdbild miteinander? Wie sehen einen Kunden, Partner/innen, Lieferanten etc.. Mit solchen Erkenntnissen, die wir übrigens in unseren Workshops im Greenfranchise Lab in Berlin durchführen, lässt sich Nachhaltigkeit als integraler Bestandteil herausarbeiten.

Leser: Könnte ein deutsches Franchise-Konzept für ältere Menschen mit teilweise innovativen Dienstleistungen in Asien besonderes Interesse finden?

Veronika Bellone: Ich denke, dass es hier große kulturelle Unterschiede gibt. Nun müsste man sicher den asiatischen Markt auch generell unterteilen. Aber was sicher mehrere asiatische Länder eint, ist der Umgang mit älteren Menschen. Häufig sind diese noch familiär eingebunden, werden anders geschätzt als bei uns. Inwieweit sich Ihre Dienstleistungen auf diesen Märkten bewähren können, kann nur eine intensive Auseinandersetzung mit dem Markt, den Gepflogenheiten und den Ritualen bringen.

Veronika Bellone: Liebe Chat-Teilnehmer/innen, herzlichen Dank für Ihre spannenden Fragen. Ich wünsche Ihnen ein sonniges und fröhliches Wochenende. Herzlichst Ihre Veronika Bellone

Prof. Veronika Bellone

Prof. Veronika Bellone

Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

Franchise-Beratung, Professorin an zwei Schweizer Hochschulen, Publikationen zu Marketing- und Franchise-Themen. Konzeption des Greenfranchise Awards, der 2018 zum sechsten Mal vergeben wurde.

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