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Vom klassischen Franchising zum Greenfranchise-System

Veronika Bellone: Guten Morgen, liebe Chat-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer. In diesem Monat wurde zum ersten Mal der Green Franchise Award vom DFV, powered by Bellone Franchise Consulting, für den deutschsprachigen Raum vergeben. Das Ehepaar Dawo von Town & Country wurde damit ausgezeichnet. Ein Meilenstein ist gesetzt. Heute geht es auch im Chat um Greenfranchising und natürlich um offene Fragen zum Thema Franchising. Ich freue mich auf einen anregenden Chat. Ihre Veronika Bellone

Leser: Guten Morgen, liebe Frau Professor Bellone. Mich würde interessieren, wie sich klassische und grüne Franchise-Systeme voneinander unterscheiden. Lässt sich der Unterschied mit wenigen Worten beschreiben?

Veronika Bellone: Schönen guten Morgen, lieber Chat-Teilnehmer. Zu den Unterschieden gehören, dass sich Greenfranchise-Systeme an allen vier Ebenen der Nachhaltigkeit orientieren. Das heisst, dass sie die eigene bzw. systeminterne ökonomische, soziale, kulturelle und ökologische Nachhaltigkeit anstreben und das jeweils in Abstimmung mit dem Marktumfeld, der Umwelt und der Gesellschaft. Greenfranchise-Systeme handeln diesbezüglich mit erhöhter Verantwortungsübernahme und berücksichtigen auch, dass sich die Rollen in Franchise-Systemen ändern und sie es verstärkt mit kritischen Franchise-Partnern und -Partnerinnen zu tun haben, die mehr als nur ökonomische Sicherheit suchen. Selbstentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung sind immer mehr gefragt.

Leser: Liebe Frau Prof. Bellone: Sie erwähnten den von Ihnen entwickelten Green Franchise Award, der beim DFV-Forum erstmals verliehen wurde. Was waren für Sie die Highlights dieser Preisverleihung?

Veronika Bellone: Da muss ich ganz persönlich werden. Ich freue mich aus tiefstem Herzen, dass unsere Greenfranchise-Initiative nach fast fünf Jahren Arbeit Früchte trägt und der Deutsche Franchise Verband diese Idee getragen und mit den Baumpflanzungen selbst ein Projekt ins Leben gerufen hat. Es freut mich sehr, dass mit dem Green Franchise Award ein Zeichen gesetzt wurde. Denn es gibt einige Systeme, die heute mit vielen guten Ideen zur Nachhaltigkeit punkten und viel für eine positive Reputation der Franchise-Branche beitragen. Wir haben in den letzten Jahren zig Interviews mit solchen Greenfranchise-Gebern und -Geberinnen geführt, um zu zeigen, wo es spannende Ansätze gibt, mit nachhaltigem Handeln zu beginnen.

Veronika Bellone: Leider ist es zu technischen Problemen gekommen, weshalb Frau Professor Bellone Ihre Fragen nur mit Zeitverzögerung beantworten kann. Wir bitten um Entschuldigung.

Leser: Grüezi Frau Professor: Ich nehme an, dass Sie beim Green Franchise Award in der Jury saßen. Gab es für Sie selbst irgendwelche überraschenden Erkenntnisse bei der Prüfung der Bewerberunterlagen?

Veronika Bellone: Grüezi! Oh ja, ich war begeistert von den vielen Engagements, sozialen Einsätzen und kulturellen Aktivitäten kleiner und grosser Systeme, die nicht unbedingt nach aussen bekannt sind. Manchmal gibt es auch eine "Unterkommunikation"! Aber im Zuge weiterer Greenfranchise-Interviews und anderer Massnahmen werden wir weiter aufzeigen, welch gute Ideen per Franchising multipliziert werden.

Leser: Sind Franchise-Systeme, die wie der diesjährige Preisträger Town&Country engpasskonzentrierte Strategien (EKS) verfolgen, für eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen prädestiniert?

Veronika Bellone: Franchise-Systeme, die EKS-ausgerichtet sind, haben sich mit ihrer Positionierung eingehend beschäftigt und haben damit gute Voraussetzungen, um nachhaltig zu wirken. Allerdings muss ich sagen, dass es vor allem die Haltung, innere Einstellung der Franchise-Geber/innen ist, die zu vermehrter Wertschätzung und Verantwortungsübernahme führt.

Leser: Hallo Frau Prof. Bellone! Herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Umsetzung Ihrer Initiative. Wie viele Franchise-Unternehmen haben sich für den Green Franchise Award beworben und welche Gründe gaben für den Preisträger den Ausschlag?

Veronika Bellone: Danke schön. Die Bewerber haben die Vielseitigkeit der Franchise-Branche abgebildet. Die Jury hatte es nicht leicht, eine Auswahl zu treffen. Denn alle Systeme haben sich sehr initiativ gezeigt. Der Preisträger Town&Country überzeugte durch seinen langjährigen Einsatz auf allen Nachhaltigkeitsebenen. Angefangen beim ganzheitlicher Produktansatz, der regionalen Förderung, der vielfältigen Unterstützung im Kulturbereich u.v.m.. Und all das angebunden an die Markenwerte.

Leser: und wie groß ist nach Ihrer persönlichen Einschätzung die Zahl der Franchise-Systeme, die Nachhaltigkeitsziele im Sinne Ihrer Initiative verfolgen?

Veronika Bellone: Die Zahl ist schwer einzuschätzen, aber ich würde sagen, es ist noch einiges zu tun. Denn abgesehen von der ökologischen, sozialen und kulturellen Nachhaltigkeit kann es auch um die ökonomische nicht immer gut gestellt sein. Haben doch über 500 Franchise-Systeme in Deutschland unter 25 Franchise-Partner/Partnerinnen.

Leser: Wurde im Vorfeld des Green Franchise Awards eine griffige Definition entwickelt, was die Jury alles unter Green Franchising versteht?

Veronika Bellone: Eine Definition liegt bereits seit langem vor - über unser www.greenfranchiselab.com, unser Greenfranchising Buch. Für die Ausschreibung des Preises wurde ein entsprechender Kriterienkatalog von uns in Abstimmung mit dem DFV entwickelt.

Leser: In welcher Weise unterstützen Sie Franchise-Geber im Rahmen Ihrer Beratungstätigkeit bei der Entwicklung von grünen Strategien und Konzepten?

Veronika Bellone: Wir beraten Systeme, wie sie neue nachhaltige Ansätze in ihre Unternehmenskultur integrieren können. Wir haben zum Beispiel entsprechende Balanced Score-Cards entwickelt und Prozesse wie Denkwerkzeuge. Letztere stellen wir auch in unserem Greenfranchising Buch vor. Wichtig bei der nachhaltigen Neu-Positionierung ist, dass sie ganzheitlich und markenadäquat entwickelt wird und nicht als einzelne Massnahmen Richtung „Greenwashing“ verstanden wird.

Leser: Ich möchte gerne auf das Thema des heutigen Chats eingehen. Angesichts der bemerkenswerten Vielfalt im Franchising frage ich mich, ob es das „klassische“ Franchise-System überhaupt noch gibt. Kennen Sie Franchise-Geber, die bei der Weiterentwicklung ihres Systems ökologische, soziale oder kulturelle Fragen völlig unberücksichtigt lassen? Für mich hat die Greenfranchise-Thematik etwas von einem Potemkinsche Dorf, das von den eigentlichen Problemen im Franchising ablenkt.

Veronika Bellone: Greenfranchise-Systeme unterscheiden sich dadurch, dass sie Nachhaltigkeit im Markenkern haben. Nachhaltigkeit wird dabei nicht als Teilaspekt betrachtet, sondern als grundsätzliche Ausrichtung des Systems, was auch Konsequenzen in der Art der transparenten Kommunikation und des Marketing zur Folge hat. Insofern unterscheiden sich Greenfranchise-Systeme nicht von Green Brands. Der Closed-Loop-Ansatz berücksichtigt zum Beispiel bei der Produktentwicklung das Recycling oder Upcycling nach der Nutzungsdauer, wie zum Beispiel von Town&Country realisiert.

Leser: Hallo Frau Prof. Bellone Wir kommen aus dem Gastronomie Bereich. Gibt es in unserer Branche auch einen Betrieb, der Greenfranchise anwendet und eine Vorreiter-Rolle einnimmt? Der z.B. Verpackungen und human resources dementsprechend managed?

Veronika Bellone: dean & david www.deanunddavid.com gehört zu den interessanten Greenfranchise-Gastro-Systemen; www.hitzberger.ch . Beide finden Sie übrigens mit Ausführungen zu deren Nachhaltigkeitsansätzen auch in unserem Greenfranchising-Buch (www.mi-wirtschaftsbuch.de) . McDonald’s hat eine sehr interessante neue Idee für ein – global eingesetztes - Verpackungsdesign http://www.brandingmagazine.com/2013/01/17/mcdonalds-new-packaging-designs

Leser: Warum sollten Franchisegeber die Kosten und Mühen einer strategischen Neuausrichtung unter dem Primat der Nachhaltigkeit auf sich nehmen?

Veronika Bellone: Dafür gibt es zum einen den Grund, dass wir alle Verantwortung für unsere Umwelt und Gesellschaft tragen. Die Deutsche Bundesregierung hat 2012 in ihrem Fortschrittsbericht zur Nachhaltigkeitsstrategie u.a. darauf hingewiesen, dass im Verhältnis zu nachfolgenden Generationen teilweise Wege beschritten wurden, mit denen die Zukunft bereits beliehen wurde. Gründe sind aber nicht nur dort zu suchen. Um die Expansionsfähigkeit von (Franchise-)Unternehmen zu bewahren bzw. zu ermöglichen, wird ein Umdenken mehr und mehr gefragt sein.

Leser: Konzentrieren Sie sich beim Umbau von Franchise-Systemen auf den theoretischen Input oder unterstützen Sie Franchise-Geber auch bei der praktischen Umsetzung?

Veronika Bellone: Wir beraten immer sehr praxisnah und begleiten Franchise-Geber/innen bis in die Umsetzung hinein. Wir sehen dabei gemeinsam, wie sich die Massnahmen bewähren. In der Folge haben sich Coachings, Teamsitzungen, Ideen-Workshops und unsere Kreativ-Café-Ansätze sehr gut durchgesetzt.

Leser: Ich möchte meine kritische Anmerkung noch begründen: Die „eigentlichen“ Probleme im Franchising reichen von der verbreiteten Inkompetenz kleiner Systemzentralen bis zur Skrupellosigkeit einiger weltweit agierender Anbieter. Neuerdings kommt die Gefahr hinzu, dass erfolgreiche Systeme von ignoranten Investorengruppen übernommen werden. Darunter leidet das Bild des Franchising in der Öffentlichkeit, und Interessenten suchen das Weite. Was kann Green Franchising zur Lösung dieser Probleme beitragen?

Veronika Bellone: Der Foodprint-Ansatz im Nachhaltigkeitsbereich ist eine Möglichkeit und stellt Kompensation, Ablass in den Fokus - also wie kann ich weniger Positives kompensieren. Wir haben mit dem Greenfranchising eine andere Richtung gewählt. Den Handprint-Ansatz! Positive Massnahmen, Vorschläge, Ideen und Impulse weitersagen, multiplizieren - im Franchising multiplizieren und auszeichnen. Das trägt zu vermehrter Kreativität und Transparenz bei, was eigentlich schon alles möglich ist. Das erhöht aber auch den Druck auf diejenigen, die sich nicht verantwortungsbewusst verhalten.

Leser: Wie lassen sich Nachhaltigkeitsbestrebungen organisatorisch in einem Franchise-System verankern? Und wie stellt die Geschäftsführung sicher, dass sich Einzelmaßnahmen verschiedener Abteilungen sinnvoll ergänzen und nicht womöglich miteinander in Widerspruch geraten?

Veronika Bellone: Um eine ganzheitliche Lösung zu finden, ist es wichtig die Nachhaltigkeitsziele im sozialen, ökologischen, ökonomischen und kulturellen Bereich zu definieren. Möglichst Ziele, die auch erreichbar und motivierend sind. Wir haben dazu unsere SMARTI-Formel - eine Weiterführung der bekannten SMART-Regel, die wir um das Integrale erweitert haben. Wenn Sie das getan haben und zum Beispiel im ökologischen Bereich das Ziel haben, den Energieverbrauch zu senken, dann beschreiben Sie den Weg dazu, also die strategische Ausrichtung. Das kann in verstärkter Effizienz liegen, im sparsameren Umgang mit der Energie. Dann arbeiten Sie mit den einzelnen Abteilungen Massnahmen aus, wie jeder das für sich "übersetzen" kann. Zur "Selbstkontrolle" sollte dann auch jede Abteilung Kriterien, Checkpunkte erarbeiten, wie sie die Massnahmen wirksam messen und überprüfen kann. Die Ergebnisse werden gesamthaft in Teamsitzungen in geeigneten Abständen besprochen.

Leser: Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde Ihr Engagement für eine grüne Ausrichtung des Franchising sehr sympathisch. Doch berücksichtigen m.E. die meisten Franchise-Geber bei ihren Entscheidungen - mehr oder weniger konsequent, mehr oder weniger öffentlichkeitswirksam – bereits ökologische und soziale Gesichtspunkte. Läuft Green Franchising nicht letztlich auf ein Nullsummenspiel hinaus, wenn man sich mit dieser bewussten Positionierung nicht mehr von anderen Anbietern unterscheiden kann?

Veronika Bellone: Das muss ich ganz klar verneinen. Konsumenten und Konsumentinnen wie potenzielle Franchise-Nehemr/innen werden zunehmend kritischer. Sie tauschen ihre Erfahrungen "on- und offline" aus. Es gibt Untersuchungen, die bestätigen, dass dieser Austausch über Empfehlungen die Kaufentscheidungen wesentlich beeinflussen. Auch hier wird erkannt, welche Botschaften authentisch sind und echt erlebt wurden. Ehrlichkeit bekommt wieder mehr Gewicht, zählt zu den "alten/neuen" Tugenden.

Veronika Bellone: Liebe Chat-Teilnehmer/innen. Ich danke Ihnen sehr für Ihre Fragen und auch für Ihre Geduld! War doch die Technik diesmal ein wenig eigensinnig. Ich freue mich, dass hier im Chat so viel Interesse am Greenfranchising besteht und auch kritische Stimmen zu Wort kommen können. Ich wünsche Ihnen einen sonnigen Start in den Juni und ein schönes Wochenende. Herzlichst Ihre Veronika Bellone

Prof. Veronika Bellone

Prof. Veronika Bellone

Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

Franchise-Beratung, Professorin an zwei Schweizer Hochschulen, Publikationen zu Marketing- und Franchise-Themen. Konzeption des Greenfranchise Awards, der 2018 zum sechsten Mal vergeben wurde.

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